Glasfaserausbau 2030: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Schwarzweiß-Porträt von Ralph Steffens, Co-CEO von DNS:NET, rechts daneben Headline: ‚Glasfaserausbau 2030: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit – Warum Deutschland jetzt endlich Tempo machen muss‘. Artikel-Standpunkt von Ralph Steffens, DNS:NET. DNS:NET Logo unten rechts.
23.07.2025 – Berlin/Bernau

2030 klingt nach Zukunft – in Wahrheit ist es übermorgen. Wenn Deutschland bis dahin flächendeckend mit echtem Glasfaser-Internet versorgt sein will, müssen wir jetzt Tempo machen. Die Realität: Stand Mitte 2024 verfügen nur rund 34 % aller Haushalte in Deutschland über einen echten Glasfaseranschluss (FTTH/B) – das sind etwa 14 Millionen Haushalte. Im Vergleich zu Ländern wie Spanien, Schweden oder den Niederlanden, wo bis zu 95 % der Haushalte bereits mit Glasfaser angebunden sind, geraten wir zunehmend ins Hintertreffen.

Wo Deutschland und unsere Regionen wirklich stehen

Trotz ambitionierter Ziele aus der Gigabit-Strategie der Bundesregierung bleibt der Ausbau in Deutschland deutlich hinter den Erwartungen zurück.

Die Politik hat sich vorgenommen, bis 2030 flächendeckend Glasfaser bereitzustellen und bis Ende 2025 mindestens die Hälfte aller Haushalte zu erreichen. Doch die Realität zeigt ein anderes Bild – insbesondere auf Länderebene:

  • Berlin: Platz 16 im Bundesvergleich, mit nur 29% Glasfaserausbauquote. Die selbst ernannte „Start-up-Hauptstadt“ bleibt bei der digitalen Grundversorgung Schlusslicht.
  • Brandenburg: Platz 8 mit 50,7% Ausbauquote – deutlich besser dank planbarer Kooperationen.
  • Sachsen-Anhalt: Platz 10 mit 39,7%.
  • Schleswig-Holstein: Vorreiter mit 89,3% Ausbauquote und 52,2% Anschlussquote.

 

Balkendiagramm zum Glasfaserausbau 2024: Schleswig-Holstein (89 %), Brandenburg (51 %), Sachsen-Anhalt (40 %), Berlin (29 %), Deutschland gesamt (34 %) im Vergleich zu Spanien (95 %), Niederlande (92 %) und Schweden (91 %). Quelle: BREKO, FTTH Council Europe, Stand Juni 2024. DNS:NET Logo unten rechts.

 

Wir erleben als Unternehmen täglich, wie unterschiedlich die Bedingungen sind:
Während wir in Brandenburg und Sachsen-Anhalt gemeinsam mit Partnern erfolgreich und planbar Glasfaser ausbauen, stoßen wir in Berlin immer wieder auf bekannte Hürden – uneinheitliche Genehmigungsprozesse, verschiedene Auslegungen der Regeln und mangelnde Bereitschaft in der Verwaltung.

 

Das Resultat: Die notwendigen Genehmigungsverfahren dauern im Schnitt 8 bis 12 Monate, lokale Förderprogramme sind oft schwer zugänglich oder überzeichnet, und nicht selten bremsen Personalengpässe sowie widersprüchliche Vorgaben den Ausbau zusätzlich aus.

Glasfaser ist kein Luxus, sondern Grundvoraussetzung für Bildung, Wirtschaft und gesellschaftliche Teilhabe. Doch solange die Rahmenbedingungen in Metropolen wie Berlin so unklar bleiben, stehen Investitionen und Fortschritt auf dem Spiel.

 

Bürokratie, Förderchaos und Planungshürden

Die zentralen Herausforderungen beim Glasfaserausbau in Deutschland sind weniger technischer, sondern vor allem politischer und administrativer Natur.

 

Vor Ort erleben wir Zielkonflikte zwischen Digitalisierung und Verwaltungsrealität:
Jede Kommune, jedes Bundesland setzt eigene Vorgaben für den Netzausbau um – mit der Folge, dass Genehmigungsverfahren im Schnitt 8 bis 12 Monate dauern (Quelle: BREKO, Marktanalyse 2024). Überlastete Ämter und unklare Zuständigkeiten führen zu langwierigen Abstimmungsprozessen und uneinheitlichen Entscheidungen, wie auch der Bundesverband Breitbandkommunikation regelmäßig moniert.

 

Förderpolitik bleibt ein Unsicherheitsfaktor:
Die Programme sind häufig überzeichnet oder werden kurzfristig angepasst. 2023 etwa wurden mehrere Bundes- und Landesförderprogramme ausgesetzt oder neu justiert, weil die Nachfrage die Budgets um das Dreifache überstieg.
Ein Drittel aller Mittel aus dem Bundesförderprogramm Glasfaser konnte in den Vorjahren wegen komplizierter Verfahren und fehlender Anträge nicht abgerufen werden.

 

Planungssicherheit und Investitionsbereitschaft leiden darunter:
Immer mehr Unternehmen stellen sich die Frage, ob der weitere Ausbau unter diesen Bedingungen überhaupt planbar ist.

 

Der Blick ins Ausland zeigt, dass es anders geht:
In den Niederlanden liegt die Glasfaserabdeckung mittlerweile bei über 92%, in Spanien und Schweden bei über 90%. Entscheidend dort: konsequenter Bürokratieabbau, klare politische Zielbilder und enge Zusammenarbeit zwischen Privatwirtschaft und Staat, u. a. durch Open-Access-Modelle.

Deutschland bleibt hier klar zurück: Die aktuelle FTTH-Abdeckung beträgt erst 34%.

 

Was jetzt passieren muss

Wenn Deutschland das Ziel „Gigabit für alle bis 2030“ tatsächlich erreichen will, braucht es jetzt einen klaren Kurswechsel – und vor allem Mut zur Veränderung.
Was bedeutet das konkret?

  1. Bürokratie abbauen und Verfahren vereinheitlichen:
    Es braucht ein bundesweit einheitliches, digital gestütztes Genehmigungsverfahren, damit Projekte planbar sind und in Monaten statt in Jahren umgesetzt werden können. Genehmigungen müssen online, transparent und verbindlich erfolgen – so wie es erfolgreiche Vorbilder im europäischen Ausland längst vormachen.
  2. Förderpolitik verlässlich und zukunftssicher gestalten:
    Förderprogramme sollten langfristig, unkompliziert und auf echte Bedarfslücken ausgerichtet sein. Mittel müssen rasch, nach klaren Kriterien und ohne übermäßige Nachweispflichten ausgezahlt werden.
  3. Privatwirtschaft als Partner auf Augenhöhe:
    Glasfaserausbau gelingt nur gemeinsam: Politik, Kommunen und Unternehmen müssen vertrauensvoll zusammenarbeiten – etwa durch Open-Access-Modelle und echte Partnerschaften mit lokalen Versorgern.
    DNS:NET geht diesen Weg in Brandenburg und Sachsen-Anhalt bereits erfolgreich und ist bereit, auch in Berlin und bundesweit Verantwortung zu übernehmen.

Mein Appell an die Politik und alle Akteure:
Wir müssen jetzt konsequent handeln – nicht erst morgen.
Jede Verzögerung bremst Bildung, Wirtschaftskraft und gesellschaftliche Teilhabe. DNS:NET steht für den Dialog bereit, damit Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und ganz Deutschland beim Glasfaserausbau endlich Tempo machen.

 

Glasfaser als Gemeinschaftsaufgabe

Ich bin überzeugt: Deutschland hat das Potenzial, beim digitalen Wandel wieder an die europäische Spitze aufzuschließen – wenn wir jetzt gemeinsam handeln.
Der Schlüssel liegt in konsequenter Zusammenarbeit, Mut zu klaren Entscheidungen und dem Willen, bewährte Modelle aus anderen Ländern auch hier umzusetzen.

 

Als Unternehmen stehen wir bereit, Verantwortung zu übernehmen und in den Ausbau der digitalen Infrastruktur zu investieren – wenn Politik und Verwaltung die notwendigen Weichen stellen.
Lasst uns gemeinsam Lösungen finden und bürokratische Hürden abbauen, damit Glasfaser zur Selbstverständlichkeit in jedem Haushalt und Unternehmen wird.

 

Ich lade alle Entscheiderinnen und Entscheider – aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung – zum Dialog ein:
Wie können wir den Ausbau beschleunigen?
Welche Rahmenbedingungen braucht es, um Innovation und Teilhabe zu fördern?
Nur gemeinsam bringen wir Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Deutschland wirklich ins Gigabit-Zeitalter.